Palästinalied [German translation]
Palästinalied [German translation]
Nun erst lebe ich meiner würdig,
seit mein sündiges Auge siehet
das hehre Land und auch die Erde,
der man so viel Ehre gibt.
Nun ist geschehen, was stets ich erbat:
Ich bin gekommen an die Statt,
die einstmals Gott als Mensch betrat.
Schöne Länder, reich und hehr,
wie ich sie noch nie gesehn,
übertriffst du alle an Ehr.
Welch Wunder ist hier geschehn!
Dass die Jungfrau ein Kind gebar,
den Herrn über aller Engel Schar;
war das nicht ein Wunder gar?
Hier ließ sich der Reine taufen,
dass der Mensch auch reine sei.
Hier ließ er sich auch verkaufen,
dass wir von Knechtschaft würden frei;
Andernfalls wärn wir verlorn.
Wohl dir, Speer, Kreuz und Dorn!
Weh dir, Heide, dich trifft der Zorn!
Als er sich unser erbarmen wollte,
erlitt er hier den grimmigen Tod,
er, der Mächtige, durch uns Arme,
auf dass wir entkämen der Not.
Dass ihn das nicht verdross,
das ist ein Wunder, allzu groß ,
größer als alle anderen Wunder.
Von hinnen fuhr der Sohn zur Hölle
Aus dem Grabe, darin er lag.
Daher, was der Vater immer vereinte
und der Geist, den nichts
von ihnen scheiden kann: sie sind alle Eins,
schlicht und ebener als ein Zain,
Wie er Abraham erschien.
Den Teufel machte er zuschanden,
kein Kaiser jemals besser stritt,
dann kam er wieder zur Erde zurück.
Damit begann der Juden Leid,
weil er, der Herr, ihr Joch zerbrach,
und man ihn später lebend sah,
ihn, den sie erschlagen und erstochen hatten.
Danach verweilte er in dem Land
vierzig Tage lang; ging dann dahin zurück,
von wo sein Vater ihn gesandt.
Seinen Geist, der uns bewahren sollte,
den sandte er sogleich wieder dorthin.
Heilig ist dies selbige Land,
sein Name von Gott ihm zuerkannt.
In diesem Lande hat er
ein Strafgericht verkündet
an dem die Witwe gerächt wird
und der Weise klagen mag,
und der Arme wegen der Gewalt,
die man ihm angetan.
Wohl ihm dort, der hier vergalt!
Nicht wie unsere Landesrichter es täten,
da wird niemands Klage aufgeschoben;
denn er wird dort zur Stunde richten,
so wird es sein am letzten Tag:
Wer hier irgendeine Schuld
unbeglichen hinterlässt, wie steht der da,
dort, da er weder Pfand noch Bürgen hat!
Christen, Juden und Heiden
behaupten, dass dies ihr Erbe sei:
Gott müsste es gerecht entscheiden,
durch seiner Namen, es sind drei.
Die ganze Welt bekriegt sich hier.
Wir sind mit unserer Bitte im Recht,
gerecht ist, dass er sie uns gewähr.
Nun lasst euch davon nicht verdrießen,
dass ich noch weitererzählt habe.
Ich will euch die Rede erschließen
in aller Kürze und euch wissen lassen,
das was Gott mit den Menschen seither
an Wundern in der Welt begonnen,
das fing hier an und endet hier.
- Artist:Walther von der Vogelweide